Zahnärztliche Akademie

Forschen für eine bessere Versorgung

2011-2013

Die Quellen:

Publikation von Bartols et al. „Multiple-file vs. single-file endodontics indental practice: a study in routine care“
PeerJ 2016; 4: e2765.

„This multicenter study was performed to compare theoutcome of multiple-file (MF) and single-file (SF) systems for primary root canaltreatment under conditions of general dental practice regarding reduction of pain witha visual analogue scale (VAS 100), improvement of oral-health-related quality of life(OHRQoL) with the german short version of the oral health impact profile (OHIP-G-14) and the speed of root canal preparation.“

Jetzt durchblättern:

Die Nachwuchsakademie - Versorgungsforschung in Baden-Württemberg

von Dr. Andreas Bartols, M.A.
Ausbildung der Kollegen durch Dr. Andreas Bartols, M.A., mit dem Reziproc-System vor der zweiten Studienphase (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Das Neue in der zahnärztlichen Therapie

Innovation oder technologischer Fortschritt geht immer mit dem natürlichen Wechsel von einer althergebrachten Technik oder Instrumentengeneration hin zur neuen einher. Das Alte wird in zeitlich aufeinander folgender Sequenz durch das Neue abgelöst. Wird das Neue als besser empfunden, wird die alte Technologie nicht mehr eingesetzt werden.

Im Jahr 2011 fielen zwei Ereignisse zusammen, die die Durchführung einer Reihe von Versorgungsforschungsstudien an der Akademie möglich machten, um Innovation in der Zahnarztpraxis zu untersuchen. Auf der IDS in Köln wurde eine endodontische Innovation präsentiert und zur gleichen Zeit die Nachwuchsakademie Versorgungsforschung Baden-Württemberg ins Leben gerufen.

Die Innovation war die Präsentation der Ein-Feilen-Endodontie. Die Idee erschien grundsätzlich bestechend: Mit nur einer Feile wird der gesamte Wurzelkanal erweitert. Möglich werden sollte dies durch einen speziellen maschinenbetriebenen Bewegungsmodus der Feile, nämlich die Reziprokbewegung. Vordergründig betrachtet müsste sich die Präparation von Wurzelkanälen also deutlich vereinfachen lassen. Keine verwirrenden Instrumentensequenzen mehr, wie bei den bis dato üblichen 360°-rotierenden Nickel-Titan-Instrumenten, geringere Frakturrisiken durch verbesserte Materialien, sowie konsequente Einmalbenutzung der Instrumente und nicht zuletzt durch den wegfallenden Instrumentenwechsel eine deutlich höhere Präparationsgeschwindigkeit der Wurzelkanäle. Alle diese Argumente weckten hohe Erwartungen an das entsprechende Effizienzsteigerungspotential dieser neuen Instrumente.

Nichtsdestotrotz lagen bei Einführung der neuen Instrumente kaum wissenschaftliche Informationen über die Anwendbarkeit der Instrumente vor. Insbesondere gab es bei Markteinführung keinerlei Studien, die die Efficacy geschweige denn die Effectiveness der Innovation untersucht hätten. Schnell wurden außerdem Stimmen laut, die adverse Effekte der Instrumente befürchteten. Hier wurde vor allem ins Feld geführt, dass die zur Debatte stehenden Instrumente sehr aggressiv im Wurzelkanal arbeiten würden und außerdem die Tendenz hätten, schnell über das apikale Foramen hinaus zu instrumentieren. Dadurch sei zu befürchten, dass Patienten durch diese Art der Überinstrumentierung größeren postoperativen Schmerzen ausgesetzt seien als mit den herkömmlichen Methoden. Zusätzlich behauptete einer der Instrumentenhersteller, dass nunmehr Wurzelkanäle gleitpfadfrei, also ohne vorherige manuelle Erschließung mit feinen Wurzelkanalinstrumenten präparierbar seien. Weiteres Effizienzpotential schien auch hier möglich.

Da die Akademie die statutengemäße Aufgabe hat, Innovation in der Zahnheilkunde zu beobachten, diese zu bewerten und in die Fortbildung einfließen zu lassen, wurde entschieden, die Innovation zunächst ganz pragmatisch in Augenschein zu nehmen und auf der IDS zu testen. Die ersten „hemdsärmeligen“ Tests zeigten, dass die neue Technologie offensichtlich erhebliches Potential hatte, sich in der routinemäßigen Praxis zu bewähren. Entsprechend wurde entschieden, die Ein-Feilen-Systeme in die poliklinische Anwendung zu bringen, aber gleichzeitig auch Wissen darüber zu generieren.

Die Nachwuchsakademie

Im gleichen Jahr wurde unter der Leitung der Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der Universität Heidelberg erstmals die Nachwuchsakademie Versorgungsforschung Baden-Württemberg unter Förderung des Landes durchgeführt. Das besondere der Nachwuchsakademie war die Inklusion verschiedenster geförderter Fachdisziplinen, die als Player im Gesundheitssystem auftreten sowie einer großen Freiheit im Forschungsgegenstand. So wurde entschieden, dass die Akademie sich mit einer Projektskizze an der Ausschreibung beteiligt, um endodontische Innovation in der Zahnarztpraxis zu untersuchen. Die entsprechende Projektskizze sah vor, dass ein Praxisnetzwerk ins Leben gerufen wird, in dem in der Art einer Multicenterstudie der Technologiewechsel weg von alten Wurzelkanalinstrumenten hin zur neuen Instrumentengeneration beobachtet wird.

Untersuchungsgegenstand sollten die prä- und postoperativen Beschwerden der behandelten Patienten, deren mundgesundheitsbezogene Lebensqualität, sowie die Geschwindigkeit der Wurzelkanalpräparation sein. Die Projektskizze wurde zur Förderung angenommen und in einem kollegialen Peer-Review-Verfahren auf Durchführbarkeit und gute wissenschaftliche Praxis geprüft. So wurde das Studienprotokoll erarbeitet und konnte anschließend umgesetzt werden.

Das Praxisnetzwerk

Da die Akademie traditionell über viele Kontakte zu niedergelassenen Praktikern verfügt, konnten zehn Kolleginnen und Kollegen identifiziert werden, die vorhatten ihre endodontischen Behandlungsmethoden umzustellen. Alle waren bereit, zunächst noch eine Zeit lang mit ihren gewohnten 360°-rotierenden Mehrfeilensystemen zu arbeiten und dann auf das neue Ein-Feilen-System umzustellen. Insgesamt konnte so die Behandlung von rund 600 Patienten beobachtet werden. In etwa 300 Patienten wurden mit den alten Instrumenten behandelt und circa 300 Patienten mit den neuen Instrumenten.

Die Ergebnisse

Es zeigte sich, dass keine relevanten Unterschiede in der Behandlung mit Mehr-Feilen-Systemen und des Ein-Feilen-Systems bezüglich der Hauptuntersuchungsparamater erkennbar waren. Sowohl die postoperative Verbesserung von endodontisch bedingten Schmerzen durch die Therapie, wie auch die Verbesserung der mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität lässt sich mit beiden Technologien auf sehr ähnliche Art erzielen. Allerdings war die Präparation mit dem Ein-Feilen-System in etwa doppelt so schnell wie die Präparation der Wurzelkanäle mit Mehr-Feilen-Systemen.

Eine Besonderheit der Studie ist die bemerkenswert hohe Fallzahl an endodontischen Therapiefällen, die durch das Praxisnetzwerk behandelt wurde und so zur wissenschaftlichen Beobachtung stand. Bis heute ist die Studie eine der größten prospektiven vergleichenden Studien in der Endodontie mit Bezug zur Lebensqualitätsforschung. Quelle: Studie

 

Please select a page template in page properties.