Zahnärztliche Akademie

Zahnheilkunde - neue Techniken und neue Perspektiven

2018-2020

Die Quellen:

Der Flyer zum 11. Heidelberger ZfZ-Symposium am 23. Juni 2018 (Quelle: ZfZ Heidelberg)

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Der Weg zur digitalen Zahnheilkunde - ein Beispiel wie wir uns weiterentwickeln

von Dr. Christopher Prechtl

Digitalisierung ist überall

Das Thema Digitalisierung begleitet uns alle privat und beruflich in einem immer stärkeren Ausmaß. Für mich, der als Oralchirurg seit 2016 an der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe und in einer oralchirurgischen Überweisungspraxis in Heidelberg arbeitet, findet dies durch verschiedene Hard- und Software statt. Zu nennen sind mein Smartphone, über das meine private und berufliche Kommunikation erfolgt, der Laptop, der für Veröffentlichungen und Fortbildungen genutzt wird oder die Praxissoftware, mit der ich unter der Woche täglich meine Arbeit dokumentiere und organisiere.

Ein atemberaubendes Tempo

Die verfügbare Rechenleistung von Computern verdoppelt sich alle 18 Monate, und die Technik erfährt ein exponentielles Wachstum. Mit dieser Tatsache müssen wir in unserem Arbeitsalltag trotz aller Dokumentation und Verwaltungstätigkeit schritthalten. Einige unserer Arbeitsschritte können analog oder auch digital erfolgen, wie die Karteikarte oder zweidimensionale Röntgenbilder. Hier stellt sich für viele Kollegen die Frage: muss es digital sein, nur weil es inzwischen viele so machen? Andere Techniken haben die Notwendigkeit des digitalen Arbeitens bereits in ihrem Namen, ohne dass es uns im Alltag oft bewusst ist – digitale Volumentomographie. Wenn wir diese Technik nutzen wollen, dann geht dies nur digital. Es bedeutet nicht, dass Digitalisierung automatisch immer eine Arbeitserleichterung bedeutet. Man denke an immer noch fehlende oder mangelhafte Schnittstellen zwischen unserer Praxissoftware und anderen Programmen. All diese Aspekte begleiten uns in unserem täglichen Leben und Arbeiten.

Dr. Dr. Florian Thieringer referiert zum Thema „3D Druckverfahren in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie“ (Quelle: ZfZ Heidelberg)

Das 11. Heidelberger ZfZ-Symposium 2018

Beim Lesen des Programms habe ich anfangs den Vortrag von Dr. Dr. Florian Thieringer zum Thema „3D Druckverfahren in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie“ im Programm nicht annähernd als das wahrgenommen, was er später bei mir auslösen sollte. Anfangs berichtete der Referent über Schädelrekonstruktionen durch gedruckte Implantate. Sicherlich beeindruckend, aber doch eher den Universitätskliniken vorenthalten. Beim Ausdruck von gespiegelten CT-Rekonstruktionen zur Frakturbehandlung hatte ich dann einen näheren Bezug zu meiner Tätigkeit als Oralchirurg – durch das Vorbiegen der Osteosyntheseplatten am Modell konnte die Operationszeit deutlich reduziert werden, was eine geringere Belastung und Infektionsquote für den Patienten erwarten ließe. Spätestens beim Druck von Navigationsschablonen hatte der Referent meine volle Aufmerksamkeit. Das Thema navigierte Implantologie fand ich schon immer spannend.

Leider ist es bisher immer entweder am organisatorischen Aufwand oder an den Kosten gescheitert. Durch die Berichte des Referenten, dass der Investitionsbedarf durch die Entwicklung günstiger und präziser 3D Drucker deutlich sanken war diese Technik auf einmal tagesaktuell. Ganz zu schweigen von den weiteren Einsatzmöglichkeiten des 3D Drucks, wie die Herstellung zahntechnischer Modelle oder Provisorien. Dieser Schritt schließt dabei eine bisher vorhandene, immense Lücke im digitalen workflow, welche durch CAD/CAM Fräsen bisher nur unbefriedigend geschlossen worden war. Die Schwierigkeit ist nur das Einarbeiten in den Arbeitsablauf. Glücklicherweise war der Referent dabei so kollegial und zugänglich, um uns eine Hospitation in Basel zu ermöglichen.

Die Hospitation in Basel; von links nach rechts: ZTM Berthold Steiner, Dr. Dr. Florian Thieringer, PD Dr. Michael Korsch, M.A., ZTM Jose Gonzalez, Dr. Christopher Prechtl (Quelle: Dr. Christopher Prechtl)

Die Hospitation im 3D Print Lab des Universitätsspitals Basel

Am 31. August 2018 wurden die Hospitaten vom Team des 3D Print Labs in Basel herzlich begrüßt und über mehrere Stunden in die verschiedenen Möglichkeiten der Drucktechnik eingeführt. Dabei war die Ausstattung des Universitätspitals mehr als beeindruckend, nicht nur in Bezug auf die verschiedenen Gerätetypen, sondern auch durch die reine Anzahl der vorhandenen Drucker. Von Dr. Dr. Thieringer wurden uns die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Drucker anhand von praktischen Anwendungsbeispielen erläutert. Eine navigierte Live-Op rundete diesen gelungenen Tag ab und motivierte zusätzlich, dieses Projekt an der Akademie umzusetzen.

Intraoperative Anwendung der gedruckten Navigationsschablone: der Bohrer und die Implantate werden durch die Hülsen in die geplante Position geführt. (Quelle: Dr. Christopher Prechtl)

Die Umsetzung des 3D-Drucks in der Zahnärztlichen Akademie

Glücklicherweise hatte die Akademie bereits vor der Anschaffung des 3D Druckers eine gute digitale Ausstattung. Vorhanden waren ein DVT, ein Modellscanner im Labor sowie die Planungssoftware, sodass der Drucker seit November 2018 regelmäßig für die Herstellung von selbst produzierten, sterilisierbaren Bohrschablonen und Kiefermodellen zum Einsatz kommt. Dabei stellte sich die Umsetzung, gerade im oralchirurgischen Bereich überraschend reibungslos dar. In einem der ersten Fälle kam eine gedruckte Schablone in Kombination mit einer Sofortimplantation zum Einsatz. Somit konnte die Behandlungszeit von 6 auf 3 Monate und die Anzahl der Eingriffe von 3 auf 1 reduziert werden.

Vestibuläre tooth shell technique mit autologem Dentin aus regio 34 (Quelle: Dr. Christopher Prechtl)

Kombination mit anderen Techniken

Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde diese Technik bereits in den meisten bei uns durchgeführten implantologischen Indikationen eingesetzt – auch in Kombination in der Augmentation von Alveolarkammdefekten mit autologen Dentin.

Somit wurde an der Akademie in der jüngeren Vergangenheit der Weg der Digitalisierung, durch den Ausbau der Navigation in der Implantologie, weiter vorangebracht und mit den bestehenden Operationstechniken verknüpft.

Die Anfertigung der Schablonen in unserem eigenen zahntechnischen Labor ist dabei ein immens wichtiger Baustein im Bereich der Digitalisierung in der Zahnheilkunde und ermöglicht eine Umsetzung dieser Techniken in der Praxis.

Prof. Dr. Jan-Frederik Güth referiert in der Akademie zum Thema „Digitale Implantatplanung und gefu?hrte Implantation“ (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Die Möglichkeit sich intern fortzubilden

Im Jahr 2019 wurde unsere digitale Ausstattung nach langer Diskussion und reiflicher Überlegung um einen Intraoralscanner ergänzt. Ziel war es dabei, die Vorbereitung von Implantatfällen bereits möglichst früh zu beginnen. Die so gewonnenen digitalen Modelle werden zuerst für die Planung und Herstellung der Navigationsschablone verwendet. Nach der Freilegung des Implantats kann der Prothetiker dann das bereits vorhandene digitale Modell weiterverwenden und muss es nur noch um das Implantat „ergänzen“. Soweit die Theorie.
In der Praxis stellt sich die Umsetzung eines derartigen Arbeitsablaufes natürlich komplizierter dar. Der glückliche Umstand, dass sich Prof. Dr. Jan-Frederik Güth (Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, LMU München) in seiner Fortbildung an der Akademie intensiv mit diesem Thema beschäftigt, hat diese Einarbeitung durch viele Tipps für die praktische Umsetzung deutlich erleichtert. Einige Monate später konnte dieser Erfahrungsaustausch mit Prof. Dr. Daniel Edelhoff (Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, LMU München) bei seinem Kurs fortgesetzt werden.

Prof. Dr. Daniel Edelhoff bei der Betreuung der Kursteilnehmer der Fortbildung „Innovative Behandlungskonzepte der a?sthetischen Zahnheilkunde unter Einsatz moderner Materialien und CAD/CAM“ in der Akademie (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Zum momentanen Zeitpunkt liegt unser Schwerpunkt auf der möglichst nahtlosen Verknüpfung mit der prothetischen Versorgung der Implantate, um die vorhandenen Datensätze ideal nutzen zu können. Dabei wurden einige Arbeiten bereits auf diesem Wege angefertigt. Die Erfahrung hat hier gezeigt, dass die prothetische Umsetzung eine deutlich aufwändigere Einarbeitung benötigt als das chirurgische Arbeiten.

Dieser Prozess des Etablierens digitaler Abläufe in der Zahnmedizin zeigt, dass sich die Akademie neben der täglichen Behandlung von Patienten stets weiterentwickelt. Für uns als Team ist es dabei unabdingbar, Arbeitsablaufe so zu gestalten, dass sie in der Praxis umgesetzt werden können. „Keep it simple“ gilt auch in unserem Alltag in der Poliklinik, den fachzahnärztlichen Abteilungen und dem zahntechnischen Labor. Das Ziel, den fachlichen Austausch mit Kollegen unter dieser Maßgabe zu gestalten macht den Charakter der Akademie aus, daran arbeiten wir jeden Tag.

 

Weitere Informationen:

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