Zahnärztliche Akademie

Abschied vom Katheder - innovative Lehrformate

1998 ...

Die Quellen:

Die Moderatorenausbildung stiftet langanhaltenen Nutzen - ein persönlicher Bericht

von Dr. Thomas Schilling, M.A.

100 Jahre Akademie, wie klingt das denn?

Wie … 100 Jahre Bauhaus, … der Hundertjährige, der aus dem Fenster springt, … 100 Jahre Einsamkeit?

Nein, natürlich nicht und doch ein Wenig davon. Ein bisschen Bauhaus, weil progressiv wegweisend in der Profession, ein bisschen der Hundertjährige, weil die Individualität und Einzigartigkeit fördernd und ein bisschen Marquez, weil eine Verbindung herstellend. 100 Jahre Akademie, das ist eine Entwicklungsgeschichte, die nach meinem eigenen Werdegang sich nicht am Zeitgeist orientierte, die zeitgeistig war und ist und hoffentlich bleibt!

Plötzlich alleine in der Praxis

Ausgestattet mit einem nur mäßig erfolgreichem Abitur aufgrund einer gut ausgelebten Schulzeit, also grottenschlecht, weil faul, war ich in Ermangelung eines qualifizierenden Numerus Clausus nicht prädestiniert, ein Zahnmedizinstudium überhaupt aufzunehmen. Faul darf man sein, aber nicht dumm, deshalb habe ich einen Studienplatz über die Bundeswehr ergattert und nach dem Studium 1986 in einer Zahnarztgruppe meinen Dienst versehen. Stabsärzte gab es viele und es waren vergleichbare Kollegen. Die Ausstattung der Zahnarztgruppen war gleich, der Sold war gleich, die Arbeitskleidung war gleich und sogar die Patienten waren gleich, damals alles Männer zwischen achtzehn und sechzig Jahren! Hatte man ein Problem, war es kein Problem, den Kameradenkollegen anzurufen, sich auszutauschen, Rat zu holen. Eigentlich war alles gut! Die Kollegen in den Praxen, die beneideten uns ein wenig, wenn sie sagten: „Da machst Du ja einen lauen Job!“
Tja, und genau das wollte ich ja nicht hören und ging dann auch in die Praxis, die eigene, um den richtigen Job zu machen. Und dann, dann war ich plötzlich allein, hat sich angefühlt wie hundert Jahre Einsamkeit! Der Kollege nebendran, das war nun kein Kamerad mehr, das war ein Mitbewerber, ein Konkurrent. Die Praxis machte einsam. Was tun? Gemeinschaft bilden mittels eines Qualitätszirkels!

Dr. Thomas Schilling, M.A. zusammen mit dem anfänglichen Siezkollegen Dr. Klaus Sebastian (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Von der Moderatorenausbildung zum Qualitätszirkel TuTZiG

So fing es an, der Kontakt zur Akademie! Mit einem damals noch Siezkollegen aus Spaichingen meldeten wir uns zum Moderationskurs bei Prof. Walther und Prof. Szecsenyi an. Der Qualitätszirkel TuTZiG – Tagen und Treffen Zahnärzte im Gespräch - wurde 1998 gegründet. Von ca. 55 Kolleginnen und Kollegen im Kreis konnten wir über die Hälfte bewegen mit zu machen. Heute besteht dieser Qualitätszirkel immer noch, nimmt sich jedes Jahr ein aktuelles Thema vor, oftmals unterstützt durch die Akademie. Ich erinnere mich an Seminare angelehnt an ein cpd Konzept (continuing professionell development) zum Thema Hygiene mit den hiesigen Praxen: „Wie erreiche ich, dass der Patient vom Eintritt in die Praxis bis zum Verlassen die erforderlichen hygienischen Voraussetzungen vorfindet.“
Das war weit vor irgendwelchen Praxisbegehungen. Und das Konzept haben wir dann tatsächlich auch mehrfach in der Akademie als Workshop angeboten und durchgeführt. Vor zwei Jahren hat der Oberarzt der Akademie Dr. Andreas Bartols ein Tageseminar auf der Höhe der Flüchtlingskrise unter der Fragestellung „Was ist denn ein Notfall?“ souverän referiert und praxislebensnah den Notfall und die erfolgreichen Behandlungsmethoden dargestellt.
Und TuTZiG hat es geschafft, konsensuell eine Leitliniendiskrepanz zum Thema Fluoride zwischen Kinderärzten und Zahnärzten zu einem Kompromiss zu führen. Dieser wurde im Nachgang von dem Masterverein der Akademie erneut auf den Prüfstand gestellt und das Ergebnis zum Thema in einer Herbstkonferenz gemacht.

Zwei Dosen Bier und ein Päarle Landjäger

Aus dem Siezkollegen von damals, Dr. Klaus Sebastian, und mir sind Freunde geworden, die sich weitaus mehr zu erzählen haben, als die Vorkommnisse in der Praxis. Wenn es dort oder im anderen Leben mal wieder heftig ist, machen wir uns mit zwei Dosen Bier und einem Päarle Landjäger auf zum Kirchberg, ziehen eine, zwei Stunden eine Runde und lassen einfach mal die Luft raus. Danach geht es uns beiden besser. Warum erzähle ich das?

Weil ohne die Unterstützung der Akademie hätten wir den Qualitätszirkel nicht auf diese Beine gestellt und er wäre nicht so akzeptiert. Die Kollegenschaft in Tuttlingen zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich kennt und schätzt, wohl auch miteinander streitet, aber eben in einem tatsächlich akademischen Sinn.
Durch die Akademie bin ich in diesem Beruf, in unserer Profession gewachsen. Ich habe den Rücken gestärkt bekommen, meine Meinung zu vertreten, meine Ansicht zu behaupten. Mir wurden Argumente gegeben und es wurde mit gezeigt, ich kann mir etwas zutrauen.
Die Akademie hat für den Praktiker ein Portfolio fundierter Wissenschaft, die in der Praxis anwendbar ist, mit ihrem Direktor Prof. Dr. Winfried Walther einen Lehrer, der die Notwendigkeiten für die Lernenden erkennt, ihre Stärken fördert und sie zu „Versorgungswissenschaftlern“ erzieht.

Die Akademie ist für mich, was der Diakonissin das Mutterhaus ist

Eine berufliche Heimstatt, die berufliche Heimat und Inhalt gibt, Auseinandersetzung in der Profession erlaubt und sich und die Angehörigen stets fort- und weiterbildet.

Ist die Akademie zeitgeistig? Wahrscheinlich nicht, denn wer den Zeitgeist heiratet, wird bald Witwe sein! Aber die Akademie ist stets auf der Höhe der Zeit, beurteilt vorurteilsfrei die Strömungen der Zeit, extrahiert das Förderliche, eliminiert das Unsinnige.

Die Akademie ist persönlich und hat auch mich geprägt. Ohne Sie wäre ich sicher ein Anderer!
Danke Akademie, Glückwunsch Akademie, weiter so Akademie!

 

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