Zahnärztliche Akademie

Von der Ausbildung zur Fortbildung - neue Anforderungen und Ziele

1954-1960

Die Quellen:

Die Vorbereitung - Dokumente aus den Jahren 1954-1960

„Meine bisherigen Besprechungen mit dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Zahnärzte mündeten in dem beiderseitigen Wunsch, aus dem Karlsruher Lehrinstitut eine großzügige Fortbildungsstätte für die deutschen Zahnärzte zu schaffen.“

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Stunde der Entscheidung - die Delegiertenversammlung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg am 20. Juni 1959

„Das Lehrinstitut des BDZ in Karlsruhe wird nach Beendigung seiner Tätigkeit als Ausbildungsstätte im März 1960 als Fortbildungsinstitut weitergeführt.“

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„Lehrinstitut wird Fortbildungsinstitut“ - Bericht der Badischen Neuesten Nachrichten vom 22. März 1960

„An Stelle der bisher Studierenden [...] wird sich ab 1. April eine kleine Hörerschaft [...] einfinden, praktizierende Zahnärzte aus der ganzen Bundesrepublik, denen es darum zu tun ist, sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse der Zahnheilkunde anzueignen.“

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Der Neubeginn – Ein Fortbildungsinstitut entsteht

von Prof. Dr. Winfried Walther
Die klinischen Einrichtungen des Instituts zur Zeit der Umwandlung in ein Fortbildungsinstitut. Große Räume mit Platz für Demonstrationen am Patienten (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Eine Idee reift

Es ist heute nicht mehr mit Sicherheit feststellbar, wer als Erster auf die Idee kam, ein Dentistisches Ausbildungsinstitut zu einem Fortbildungsinstitut umzuwandeln. Als Absichtserklärung taucht dieser Gedanke erstmals am 6. September 1954 auf. In einem Schreiben an Bürgermeister Doktor Gurk führt Direktor Engel aus: „Meine bisherigen Besprechungen mit dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Zahnärzte mündeten in dem beiderseitigen Wunsch, aus dem Karlsruher Lehrinstitut eine großzügige Fortbildungsstätte für die deutschen Zahnärzte zu schaffen“.

Hier tritt uns diese Idee erstmals schriftlich entgegen. Ganz offensichtlich hatten aber schon Gespräche mit dem BdZ stattgefunden. Der erörterte Plan war außerordentlich anspruchsvoll. „Großzügig“ sollte die neue Fortbildungsstätte sein und nicht nur für die badischen sondern für die „deutschen Zahnärzte“ zuständig sein. Als dieser Brief geschrieben wurde, war es bis zur absehbaren Schließung des Lehrinstitutes noch 6 Jahre hin. Klar ist zu diesem Zeitpunkt für Walther Engel lediglich: „Dass unsererseits alles geschieht, um der Stadt Karlsruhe das Lehrinstitut in einer zweckentsprechenden Form zu erhalten, ist ja selbstverständlich und bedarf kaum der besonderen Feststellung.“ Der Leser dieses Briefes konnte merken, dass hier jemand schreibt, der einen starken Willen aufbietet, um seine Pläne durchzusetzen. Die Stadt Karlsruhe antwortet freundlich auf die angekündigte Umwandlung des Instituts. Im Antwortschreiben vom 17. September 1954 heißt es: „Dass das Lehrinstitut bis zum Ausbildungsschluss … bestehen bleibt und dann von Ihnen versucht werden wird, aus dem Institut eine großzügige Fortbildungsstätte ... zu schaffen, freut uns sehr.“ Es war dem Verfasser des Antwortschreibens wohl schon klar, dass hier noch ein gewisses Risiko in Bezug auf die Realisierung dieses Planes gegeben war.

Neben Lehraufgaben nahm das Institut auch immer normale zahnmedizinische Versorgung wahr (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Andere Pläne

1958 wurde die Frage „Was wird aus dem zahnärztlichen Lehrinstitut?“ auch von der regionalen Presse aufgegriffen. In diesem Rahmen wurde die stolze Bilanz des Lehrinstituts veröffentlicht. Die Erfahrungen der Lehrkräfte und die Einrichtungen des Instituts, so wird berichtet, sind die Gewähr für eine fundierte Aufstellung auch in der Zukunft.

In diesem Artikel findet sich ein anderer Plan für die Zukunft des Instituts. Es wird berichtet: „Versuche sind im Gang, Karlsruhe das Lehrinstitut als Vorbereitungsstätte für künftige Zahnärzte zu erhalten.“ Als Quelle nennt die Zeitschrift den Vorsitzenden der Bezirkszahnärztekammer Nordbaden, Dr.Knott. Es gab die Idee, das Institut für die Ausbildung von Zahnärzten einzusetzen und zwar im Rahmen eines praktischen Vorbereitungsjahres. Dabei war wohl daran gedacht, Kandidaten der Zahnheilkunde praktisch zu unterrichten bevor sie ihr Studium an der Universität aufnahmen. Eine formale Grundlage für diese Idee bestand allerdings nicht. 1955 war eine neue zahnärztliche Approbationsordnung beschlossen worden, die ein Vorbereitungsjahr nicht vorsah. Der hier geäußerte Vorschlag hatte somit kaum Aussicht auf Realisierung. 

Einzelne Standesvertreter hatten die Absicht, die auslaufenden dentistischen Lehrinstitute als Fortbildungsstätten für Kieferorthopäden einzurichten. Ein entsprechender Antrag wurde in der Hauptversammlung des BDZ in Frankfurt im Mai 1959 gestellt. Der Antragsteller scheiterte jedoch in der Abstimmung. In Karlsruhe gab es ohnehin schon andere Planungen.
 

Die Pläne werden konkret

Direktor Walther Engel war zu diesem Zeitpunkt schon mitten in der Umsetzung seiner Idee. Dies wird deutlich in einem Aktenvermerk vom März 1959, der sich im Karlsruher Stadtarchiv fand. Der Protokollant hält fest, es seien „Verhandlungen im Gange dieses Institut als Fortbildungsinstitut weiterzuführen, jedoch nur mit einem Drittel seines bisherigen Umfanges“. Direktor Engel habe um Unterstützung durch die Stadt gebeten. Die Mehrzahl der Räume im Haus an der Sophienstraße sollten an die Stadt zurückgegeben werden. Die Rücksprache mit dem Oberbürgermeister hat ein positives Ergebnis. Die Stadtverwaltung begrüßt, dass das Institut weiterbestehen soll. An diesen Vermerk schließt sich ein ausgedehnter Briefwechsel an, in dem die Details der Neuorganisation ausgehandelt werden.

Im Mai reist der Vorsitzende der Bezirkszahnärztekammer, Dr. Knott, zur außerordentlichen Hauptversammlung des BDZ und kann dort berichten, es seien Untersuchungen im Gange, ob das Institut in beschränktem Umfange als Fortbildungsinstitut der Kammer Baden-Württemberg erhalten bleiben könne. Beschlossen war freilich im deutschen Südwesten noch nichts.

Sprung über die Schwelle

Die Verwendung des Lehrinstituts Karlsruhe kam am 20. Juni 1959 auf die Agenda der Delegiertenversammlung in Mannheim. Walther Engel berichtete den Vertretern der Landeszahnärztekammer, dass der Präsident des BDZ, Dr. Müller, angeregt habe, die Institute des BDZ - also auch das Institut in Karlsruhe  -  für Fortbildungszwecke einzusetzen. Die bislang eingesetzten Formate der Fortbildungsveranstaltungen würden dem Fortbildungsstreben der Kollegenschaft nicht gerecht. Zahnärzte würden Wert darauf legen, sich anhand von Demonstrationen zu orientieren und Diskussionen als Grundlage der Fortbildung sehen.

Walther Engel wird in seinem Bericht konkret. Er stellt sein Fortbildungskonzept vor. Kleine Gruppen sollen unterrichtet werden mit nicht mehr als 30 Teilnehmern. So kann man auf die Fragen und Probleme jedes Einzelnen eingehen.

Die Poliklinik des Instituts soll beibehalten werden. Sie bietet die Chance, einen wichtigen Beitrag für die Finanzierung des Instituts zu leisten. Zu diesem Zweck muss natürlich Personal eingestellt werden.

Es gibt auch schon eine Kostenschätzung und einen Finanzierungsplan. Auf 75.000 DM würden sich die laufenden Ausgaben belaufen. Die Poliklinik könnte einen großen Teil dieser Ausgaben decken. Man müsste jedoch mit Mindereinnahmen in Höhe 25.000 DM rechnen, für die ein Finanzierungsplan geschaffen werden müsse. Es sei jetzt zu klären, ob dieser Betrag von der LZK aufgebracht werden könne. Das vorhandene Mobiliar gehöre dem BDZ. Von diesem sei sicher kein Geld zu erwarten, doch er würde das vorhandene Mobiliar sowie die Instrumente kostenlos zur Verfügung stellen. Er erinnert daran, dass auch das Lehrinstitut vom BDZ kein Geld erhalten hat sondern wirtschaftlich auf eigenen Beinen stand.


Der Beschluss

Der Bericht von Walther Engel ist Ausgangspunkt einer sehr lebendigen Diskussion, in der sich Fürsprecher und Skeptiker abwechseln. Die Fürsprecher sind sicher, dass die Fortführung des Instituts große Resonanz bei den Kolleginnen und Kollegen finden würde. Es wird daran erinnert, dass sehr viele Praktiker in Baden-Württemberg in dieser Stätte ihre Ausbildung erfahren haben. Die Delegierten haben auch schon entsprechende Stimmen der Kollegenschaft vernommen und berichten darüber. Die Skeptiker sind sich nicht sicher, ob die Begeisterung der Zahnärzte für die Fortbildung ausreichen würde, ein entsprechendes Institut zu tragen. Außerdem wird befürchtet, dass die Angabe der zu erwartenden Mindereinnahmen zu niedrig angesetzt ist. Auch Sachfragen werden besprochen: Ob die KZVen in Baden-Württemberg bereit wären, die Finanzierung mitzutragen, ob für die zahnärztliche Poliklinik der Akademie eine Kassenzulassung zu erhalten sei und ob es sinnvoll wäre, einen vorläufigen Beschluss zu fassen und für einen definitiven Beschluss die Bewährung des vorgelegten Fortbildungskonzeptes abzuwarten. Es kommt zur Definition des Antrages: „Das Lehrinstitut des BDZ in Karlsruhe wird nach Beendigung deiner Tätigkeit als Ausbildungsstätte im März 1960 als Fortbildungsinstitut weitergeführt.“

Das Ergebnis der Abstimmung ist eindeutig. 15 von insgesamt 17 Delegierten stimmen für die Weiterführung. Es gibt nur eine Gegenstimme. Diesem Delegierten ging die finanzielle Verpflichtung für dieses Projekt zu weit. Er wollte warten, bis die KZV kundtut, ob sie mitmacht. Das Ergebnis vom 20. Juni 1959 hat bis heute Bestand. Das Konzept ist aufgegangen und noch 61 Jahre nach diesem Beschluss ist die Fortbildungsstätte in Karlsruhe aktiv und wirtschaftlich gesund.

Die Poliklinik des Institutes - die klinischen Geräte waren auf der Höhe der Zeit (Quelle: Bildarchiv Akademie Karlsruhe)

Das öffentliche Echo

Ein Bericht der badischen Neuesten Nachrichten vom 25. März 1960 unterrichtet die Öffentlichkeit von der neuen Aufgabe des Instituts. In diesem Artikel wird noch einmal zusammengefasst, was das Institut insgesamt geleistet hat. Seit seiner Gründung im Jahr 1920 sind 4000 Dentisten bzw. Zahnärzte ausgebildet worden. Das Karlsruher Institut sei das bedeutendste in der Bundesrepublik gewesen und hätte sich einen internationalen Ruf erarbeitet.

In Zukunft, so heißt es in dem Bericht, würden „auserlesene Kapazitäten der Zahnheilkunde“ den Fortbildungsunterricht leisten. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses neue zahnärztliche Fortbildungsinstitut das erste und einzige seiner Art in der Bundesrepublik sei.

 

Weitere Informationen:

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